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Dr. Norbert Fischer: Vom Gottesacker zum Krematorium
Eine Sozialgeschichte der Friedhöfe in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert.
Die umfangreiche Dissertation des namhaften Fach-Autors kann (im pdf-Format) im Volltext oder in Kurzfassung vom Server der Universität Hamburg geladen werden. Das Buch gleichen Titels ist leider seit einiger Zeit im Buchhandel vergriffen..
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Die Freireligiöse Gemeinde zu Berlin 

Ihr Friedhof und ihr Engagement für die Feuerbestattung

Vom 7. Juli 1998 bis zum 31. Januar 1999 lief im Prenzlauer Berg Museum (Berlin) eine Ausstellung unter dem Titel “‘Kein Jenseits ist, kein Aufersteh’n‘  Freireligiöse in der Berliner Kulturgeschichte”. Für Friedhofs- und Bestattungshistoriker war sie inso- fern aufschlußreich, als die Freireligiöse Gemeinde zu Berlin über einen eigenen Friedhof verfügt hat. Auch haben Freireligiöse der Feuerbestattungsidee seit dem späten 19. Jahrhundert wesentliche Impulse vermittelt. Darüber berichten einzelne Beiträge im Begleitband zur Ausstellung (siehe Literaturhinweis unten).

Die Freireligiöse Gemeinde Berlin entstand 1845 als antikirchliche Protestbewegung innerhalb des Katholizismus. Sie trug zunächst die Bezeichnung Deutsch-Katholische Gemeinde bzw. Christlich-Katholische Gemeinde, ab 1862 nannte sie sich Freireligi- öse Gemeinde. 1853 führte sie ihre erste Jugendweihe durch und praktizierte  ab 1874  in städtischen Schulräumen einen eigenen Religionsunterricht. Seit 1905 bestimmen die Statuten, daß die Mitgliedschaft in der Freireligiösen Gemeinde den Kirchenaustritt voraussetzt. Als freidenkerische “Dissidenten” wurden die Freireligiösen staatlicher- seits immer wieder verfolgt. Die Nazis lösten die Freireligiöse Gemeinde 1934 auf. In West-Berlin wurde sie 1955 neugegründet, was im Ostteil der Stadt aufgrund des DDR-Zulassungsverbots für freidenkerische Vereinigungen unterblieb. Zu ihren bekan- ntesten Mitgliedern zählen der Schriftsteller, Pädagoge und Kulturpolitiker Bruno Wille sowie Adolph Hoffmann, der in der Zeit der Novemberrevolution 1918 preußischer Kul- turminister wurde.

Der ehemalige Friedhof der Freireligiösen Gemeinde liegt im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg zwischen Pappelallee und Lychener Straße. Er wurde 1995 in einen öffentlichen Park umgestaltet. Außer einem Schild über dem Eingang, das die Inschrift “Kein Jenseits ist, kein Aufersteh’n” trägt, erinnert heute nur noch wenig an den ein- stigen sepulkralen Charakter dieser Stätte. Der Friedhof war am 4. Januar 1848 eröff- net worden. Bis 1893 wurden dort auch Nicht-Gemeindemitglieder bestattet, danach nur noch Gemeindemitglieder. 1907 errichtet die Freireligiöse Gemeinde auf einem angrenzenden Grundstück eine eigene Feier- und Vortragshalle. Unter der Nazi-Dik- tatur wurde 1934 das Eigentum der Gemeinde beschlagnahmt. In den letzten Krieg- stagen wurden auf dem Friedhof Pappelallee in Massengräber rund 90 Menschen bei- gesetzt, darunter deutsche und sowjetische Soldaten. Nach 1949 kamen Friedhof und Feierhalle zum Staatseigentum der DDR. Die letzten Beisetzungen fanden 1970 statt. 1978 wurde der Friedhof in die Denkmalliste des Stadtbezirks Prenzlauer Berg aufge- nommen, bevor er  zum öffentlichen Park umgestaltet wurde. 1998 konnte der Friedhof besitzmäßig an die Freireligiöse Gemeinde rückübertragen werden.

Die Feuerbestattung als modern-aufgeklärte Bestattungsart fand innerhalb der Freireli- giösen Gemeinde großes Interesse. 1890 wurde der Vorstand beauftragt, Schritte zum Betrieb einer eigenen Einäscherungsanlage in Berlin oder Umgebung zu initiieren (damals gab es lediglich ein Krematorium im Deutschen Reich, und zwar im thüringi- schen Gotha; Heidelberg folgte 1891, Hamburg 1892). Blieb diese Initiative auch er- folglos, so suchte die Freireligiöse Gemeinde doch nach Mitteln, um auch ärmeren Gemeindemitgliedern eine Feuerbestattung in einem auswärtigen Krematorium zu ermöglichen. 1904 wurde der “Sparverein für Freidenker zur Ausführung der Feuer- bestattung gegründet”, der nach bescheidenen Anfängen in der Zeit der Weimarer Republik einen enormen Aufschwung nahm und im Jahr 1930 600 000 Mitglieder verzeichnete.

Zusammengestellt nach dem Ausstellungsbegleitband “Kein Jenseits ist, kein Aufersteh’n”  Freireligiöse in der Berliner Kulturgeschichte. Hrsgg. vom Kulturamt Prenzlauer Berg/Prenzlauer Berg Museum. Berlin 1998. Der Band enthält folgende Beiträge zum Thema “Bestattung und Friedhof”: Manfred Isemeyer: Freireligiöse und Feuerbestattung; Jane Redlin: Weltliche Bestattungen in Deutschland; Norbert Pech: Zur Geschichte des Friedhofs in der Pappelallee bis 1945; Klaus Grosinski: Vom Friedhof zum Friedhofspark  Die Begräbnisstätte der Berliner Freireligiösen Gemeinde nach 1945
                                                                                                                       
Norbert Fischer

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