Die Nationalsozialisten griffen Tendenzen der 1920er Jahre auf, die Grabstättengestaltung bürokratisch zu vereinheitlichen, zu uniformieren. Verstärkt wurden dabei vor allem die „totalitären“ Züge der so genannten Friedhofsreform, die bereits zuvor als „Reform von oben“ teilweise rigoros gegen den Widerstand der Bevölkerung durchgesetzt worden
war. Die von Friedhofsreformern lange geforderten reichsoffiziellen Vorgaben wurden von der NS-Diktatur im Januar 1937 verwirklicht und als "Richtlinien für die Gestaltung des Friedhofs und Musterfriedhofsordnung" veröffentlicht. Wenn auch kein Gesetzestext, so gab das nationalsozialistische Regime doch immerhin Empfehlungen mit amtlichem Charakter heraus, denen die Vorstellungen der Reformer bis in Details zugrundelagen und die künftig zahlreichen Friedhofsverwaltungen als Vorbild
dienten.Die oben bereits analysierte ideologische Mehrdeutigkeit der Friedhofsreformbewegung machte es den Nazis relativ leicht, deren Vorstellungen zu übernehmen. Gerade jene Textpassagen von 1937, in denen auch nationalsozialistische Ideologie transportiert wird, sind verwandt mit der kulturkritisch-romantisch geprägten Ideenwelt und den organischen Gemeinschaftsvorstellungen der Friedhofsreformer auf. So heißt es etwa: "Es ist überhaupt anzustreben, den Gedanken der
Volksgemeinschaft stärker als bisher zum Ausdruck zu bringen." Und an anderer Stelle: "Es sollte im Interesse der Bewahrung volkstümlichen Wesens die Überlieferung nach Form und Werkstoff weitergepflegt werden."
Diese Verbindungslinien treten noch deutlicher hervor in einem Merkblatt, das vier Jahre später als Ergänzung zu den Richtlinien veröffentlicht wurde. Es forderte die Verwendung jener Materialien, die "deutsches Wesen, deutsche Art" repräsentieren und
"durch Jahrhunderte dem deutschen Volk auf dem Friedhof vertraut geworden": heimische Natursteine, Holz, Eisen. An diesem Merkblatt von 1941 war der Arbeitsausschuß für Friedhof und Denkmal offiziell beteiligt, der aus der oben erwähnten Abteilung für Kirchliche Kunst und Friedhofskunst hervorging und ebenfalls bei der Reichskammer der bildenden Künste angesiedelt war. Er repräsentierte ein breites Spektrum interessierter Organisationen und Verbände. Die erste Sitzung des
Arbeitsausschusses hatte im August 1938 unter Leitung jenes Waldo Wenzel stattgefunden, der schon Anfang der zwanziger Jahre bei der Gründung des Reichsausschusses für Friedhof und Denkmal die treibende Kraft gewesen war.
Programmatisches Ziel dieses Arbeitsausschusses war es, "Friedhof und Grabmal eine Form zugeben, die in würdiger Weise den Gestaltungswillen des neuen Reiches verkörpert". Dabei gingen Waldo Wenzel allerdings die Richtlinien von 1937 noch nicht weit genug. Auf
einer Tagung des Arbeitsausschusses im Juli 1939 stellte er nämlich in einem Vortrag fest: "Es ist ja bekannt, daß in der Reichsfriedhofsordnung unter Rücksichtnahme auf die Belange der Wirtschaft nicht alle für den Gestalter an sich selbstverständlichen künstlerischen Forderungen durchgesetzt werden konnten."
Aber auch ohne weitere Verschärfung blieben die Richtlinien von 1937 nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik anerkanntes Vorbild der Friedhofs- und
Grabmalgestaltung. So bezog sich das bekannte Friedhofshandbuch von Otto Valentien weiterhin auf die Vorgabe von 1937, "weil sie heute noch als vorbildlich gelten kann."
Größerer Widerstand allerdings kam aus Reihen der Bevölkerung, zumal die Grabmalvorschriften gerade nach den Erfahrung mit einem autoritären Regime als unnötige Gängelung empfunden wurden. In einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichtes von 1963 wurde dann zwar den Friedhofsträgern prinzipiell das Recht
zugebilligt, Gestaltungsvorschriften zu erlassen, zugleich aber das grundgesetzlich verankerte Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch für die Grabstättengestaltung bestätigt.
Dieser auf den ersten Blick kaum lösbar erscheinende Widerspruch führte letztlich zu der bis heute bekannten "Zwei-Felder-System". Dabei konnten die Friedhofsverwaltungen ihre Gestaltungsvorschriften beibehalten, wurden aber zugleich gezwungen, mindestens einen Bereich ohne besondere
Reglementierungen zu schaffen. Die Richter fanden dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch dann ausreichend Genüge getan, wenn in Städten nur auf einem von mehreren Friedhöfen diese Wahlmöglichkeit geboten wurde