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Die jüdischen Friedhöfe in Hamburg

Von Albrecht Schreiber

Von den elf einstigen oder bestehenden jüdischen Friedhöfen im Großraum Hamburg wird nur der 1883 seiner Bestimmung übergebene in Ohlsdorf noch genutzt. Er dient auch als Gedenk- und Erinnerungsstätte der aufgelassenen Friedhöfe Grindel, Neuer Steinweg und Ottensen.

Der Friedhof Vor dem Dammtor (An der Verbindungsbahn/Rentzelstraße) bestand  zunächst als “Pestfriedhof”  seit 1713. Die letzte Bestattung wurde 1909 registriert. 1937 ist er unter “unter Zwang der Verkehrsverhältnisse”, wie Rabbiner Eduard Duckesz sich höchstwahrscheinlich auszudrücken hatte, geräumt worden. Grabmale aus den Jahren zwischen 1713 und 1800 sowie weitere kunstgeschichtliche bedeutsame(re) fanden ihren Platz auf dem jüdischen Friedhof Ohlsdorf an der Ilandkoppel, darunter die von Betty Heine (1771-1858), Heinrich Heines Mutter, und Gabriel Rießer (1806-1863). Die Gebeine von 100 Persönlichkeiten “mit Namen”, wozu auch die der beiden Genannten zählten, sind nach Ohlsdorf umgebettet, die der etwa 9000 übrigen Bestatteten dort in einem Gemeinschaftsgrab wiederbeigesetzt worden.

Der kleine jüdische Friedhof Neuer Steinweg hatte nur während der napoleonischen Besatzung, in diesem Fall von Januar bis Mai 1814, 57 Bestattungen zu verzeichnen. In Ohlsdorf erinnert eine Pforte mit dem Davidstern und eine Gedenktafel an ihn.

In Erinnerung dürften noch die Auseinandersetzungen Anfang der 90er Jahre mit Vertretern des orthodoxen Judentums um den ehemaligen jüdischen Friedhof Ottensen (Große Rainstraße) sein. Auf dessen Areal steht inzwischen ein Einkaufscenter. Seine Gründung geht auf die 1660er Jahre zurück. Bereits Ende des vorigen Jahrhunderts sind einer Straßenverbreiterung rund 100 Grabsteine zum Opfer gefallen. Sie wurden zunächst in Kasematten verlegt und 1953 in Ohlsdorf aufgestellt. Die rund 4000 Grabstellen in Ottensen hatten zwischen 1939 und 1941 Luftschutzbauten zu weichen. 170 Grabmale von kulturhistorischem Wert sind während dieser Zeit nach Ohlsdorf gebracht worden.

So ist der jüdische Friedhof Ohlsdorf zugleich auch eine Stätte lokal-zeitgeschichtlicher Prägung, wobei das Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus mit einer Urne, die “Asche aus Auschwitz” (so die Inschrift) enthält, und die 1922 geweihte Ehrenanlage für die 540 gefallenen jüdischen Soldaten Hamburgs des Ersten Weltkriegs nahe des Eingangs einzubeziehen sind.

Die bedeutendste jüdische Grabanlage im Großraum Hamburg stellt der jüdische Friedhof Altona an der Königstraße dar. Seine Entstehung läßt sich auf das Jahr 1611 datieren, als portugiesische (sephardische) Juden hier für Begräbniszwecke ein Stück Land erwarben. Kurz darauf legten aschkenasische Juden aus Altona in unmittelbarer Nachbarschaft ebenfalls eine letzte Ruhestätte an. Dadurch und durch mehrfache Zukäufe nahm der schließlich vereinte Friedhof  an Größe zu. Mit mehr als 1800 Gräbern portugiesischer Juden, deren Grabstellen stets durch liegende, reich mit bildlichen Darstellulngen versehene Grabplatten gekennzeichnet sind, und mit weit mehr als 6000 Ruhestätten aschkenasischer Juden kann dieser (1869 für Beerdigungen geschlossene) Friedhof eine herausragende Bedeutung im Norden Europas für sich beanspruchen. Zu den prominentesten Toten auf dem Friedhof Königstraße zählen Frommet Mendelssohn, die Frau von Moses Mendelssohn (1729-1786) und Großmutter des in Hamburg geborenen Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), und Heinrich Heines Vater Samson (1764-1828). 

Dessen Tochter Charlotte Embden (1803-1899) ruht auf dem jüdischen Friedhof Bahrenfeld am Bornkampsweg, der in der Nachfolge des in der Königstraße zwischen 1873 und 1939 der Hochdeutschen Gemeinde zu Altona als letzte Ruhestätte diente.

In seiner unmittelbaren Nähe am Försterweg befindet sich der jüdische Friedhof Langenfelde. Er ist das Ergebnis innerjüdischer Auseinandersetzungen in bezug auf den Friedhof Ohlsdorf. Orthodoxe Juden konnten sich mit den Bestimmungen über dessen rechtliche Absicherung nicht abfinden. Während nämlich die jüdischen Religionsgesetze einen Friedhof als Eigentum der Gemeinde mit ewigem, bis zur Ankunft des Messias reichenden Ruherecht der Verstorbenen vorschreiben, ist der jüdische Friedhof Ohlsdorf der Gemeinde lediglich zur dauernden Nutzung, die allerdings nicht im Zuge einer Verwaltungsanordnung, sondern nur gesetzlich geändert werden kann, überlassen worden. Daraufhin erwarb die orthodoxe Synagogengemeinde “Vereinigte Alte und Neue Klaus” (=Klause), deren Gebäude sich heute noch auf dem Grindel in der Rutschbahn 11a befindet, 1887 das Friedhofsgelände in Langenfelde. Hier fand der Bankier Moritz Warburg sein Grab. Die letzte Bestattung ist 1941 registriert worden.

Zu den ebenfalls traditionsreichen jüdischen Friedhöfen Hamburgs gehört der an der Königsreihe in Wandsbek. Er ist 1637 angelegt worden, die ersten Bestattungen fanden jedoch erst 1675 statt. 1884 geschlossen, war  auf reserviertem Platz  1909 die letzte Beerdigung. Der Friedhof Königsreihe zählt 1250 Grabstellen, erhalten geblieben  und von der Straße her gut einsehbar  sind ca. 500 Steine.

136 Juden haben auf dem kleinen Friedhof Jenfelder Straße in Wandsbek ihre letzte Ruhe finden sollen. Doch davon kann keine Rede sein. Das 1887 angelegte (1942 geschlossene) Areal in unmittelbarer Nähe der Eisenbahnlinie Hamburg-Lübeck ist in der Folge durch Geländeabtretungen und Bebauungen, durch Mißachtung und Verwahrlosung mehrfach in erheblichem Maße entwürdigt und in Mitleidenschaft gezogen worden. Von einst 136 Gräbern sind jetzt nur noch an die 100 auffindbar.

Völlig verschwunden ist der kleine, 1841 von Michael Nathan angelegte jüdische Privatfriedhof Bergedorf (zehn Gräber) in Nachbarschaft des Allgemeinen Krankenhauses Gojenbergweg. Er hat fast 100 Jahre bestanden, bis er 1938 von den Nationalsozialisten zum staatlichen Eigentum deklariert wurde. Nach der Exhumierung der Toten wurde die Fläche für Krankenhauszwecke überbaut.

Daß der  wie Wandsbek seit 1937 infolge des Groß-Hamburg-Gesetzes zur Hansestadt gehördende südliche  Industriestadtteil Harburg auch Heimat einer israelitischen Gemeinde gewesen ist, beweist der jüdische Friedhof an der Schwarzenbergstraße. Er ist bereits im 17. Jahrhundert nachweisbar und bis 1936 genutzt worden. Das stattliche Ehrenmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten der Gemeinde an der Süderelbe ist nicht nur hinsichtlich des hier zum Ausdruck gebrachten, von den Nationalsozialisten schändlichst entgoltenen Patriotismus der besonderen Erwähnung wert.

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Die Urnengräber auf dem jüdischen Friedhof Ohlsdorf

Von Johannes Kolfhaus-Beyer

Auf dem jüdischen Friedhof Ohlsdorf an der Ilandkoppel sind in den Bereichen C 8, B-A 11, am Rondeel in A-B 10-11 und entlang des Weges in C 8-11 Flächen für Urnengräber zu finden. Häufig deuten hier meist steinerne Urnen symbolisch auf eine Feuerbestattung hin. Eine offene Zurschaustellung von Urnengräbern war nicht gestattet. Deshalb sind die steinernen Urnendarstellungen häufiger mit Nachbildungen von Tüchern drapiert und halb verhüllt. Die tatsächlichen Aschenurnen befinden sich stets in der Erde.

Eigentlich ist eine Feuerbestattung mit den jüdischen Vorstellungen vom Tode nicht vereinbar. Juden erhoffen, daß mit dem Kommen des Messias alle Toten leiblich wieder auferstehen werden. Zuerst unter Christen, dann auch unter Juden, hat die Sitte der Einäscherung gegen Ende des 19. Jahrhunderts Anhänger gefunden. Daraus ergab sich im deutschen Judentum Stoff für den berühmten Hamburger Friedhofsstreit, dem der Friedhof an der Ilandkoppel seine heutige Gestalt wesentlich verdankt. Gestritten wurde um zwei verschieden Fragen:

I) Hamburgs Juden suchten ein Gelände, das sie auf ewig erwerben konnten. Der Senat hatte das Gelände an der Ilandkoppel jedoch nur “auf Zeit” überlassen. Konservative und liberale Juden waren bereit, dieses zu akzeptieren. Aber die orthodoxe chewra kadischa, die Beerdigungsbruderschaft, die bis dahin bei den Funeralien den Toten treu den Dienst erwiesen hatte, verweigerte sich nun den Abtrünnigen.

II) Der zweite Streitpunkt war die Urnenbestattung, die für die strenggläubigen Juden eigentlich nicht zulässig ist. In Berlin gab es deshalb auch keinen solchen Friedhof. Etliche assimilierte Juden Hamburgs sahen das aber anders und legten großen Wert auf die Einäscherung. Der Streit wurde mit großer Heftigkeit ausgetragen. Die Schlichtung gelang, indem ein kleines Areal ausgegrenzt und 1919 im Süden von der Gemarkung Steilshoop eine weitere und eigene Fläche hinzu erworben wurde. Hier wird immer noch nach orthodoxem Ritus beerdigt und sind weiterhin Urnenbeisetzungen verboten.

Auf dem größeren Friedhofsteil wurde die Urnenbestattung erlaubt. Die erste fand 1897 statt. Der Ausgang dieses Streites zeigt, daß das Judentum mit streitbarer Prinzipientreue und zugleich weitherzig und kompromißbereit gelebt werden kann. Weil auf Berlins Judenfriedhöfen die Urnenbestattung weiterhin verboten blieb, ließen sich viele Prominente aus Berlin auf eigenen Wunsch in Ohlsdorf feuerbestatten und hier beisetzten. Die Urnengräber trugen meist edle Bronzeurnen, die in der Nazizeit vielfach gestohlen wurden, u.a. vom Grab von Max Bachur. Diese konnten nicht wieder in Bronze ersetzt oder nur z.T. in Stein nachgebildet werden.

(Entnommen aus schriftlichen Informationen zur Führung des FÖRDERKREISES OHLSDORFER FRIEDHOF über den jüdischen Friedhof im Jahr 1994 von Johannes Kolfhaus-Beyer).

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