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| | | | | | | Antrag: Neuordnung des Friedhofs- und Bestattungswesens
LTF|14.WP/bp|PM 0|16.01.2003 Der Landtag stellt fest:
Entschließung
Das Friedhofs- und Bestattungsrecht in Niedersachsen stammt aus dem Jahr 1934 und ist derzeit in unterschiedlichen Rechtsvorschriften geregelt. Diese Rechtsvorschriften sind unübersichtlich, veraltet und anpassungsbedürftig. Sie entsprechen den veränderten Anschauungen der Bürgerinnen und Bürger vielfach nicht mehr und werden den individuellen Wünschen Verstorbener und ihren Angehörigen nicht
gerecht.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, einen Entwurf für ein neues Bestattungsgesetz vorzu-legen, das den veränderten Wünschen Verstorbener und ihren Angehörigen gerecht wird. Dabei soll insbesondere
1. die Sargpflicht bei Erdbestattungen aufgehoben werden, um auch Menschen islamischen Glaubens eine Bestattung nach ihrem Ritus zu ermöglichen.
2. der Friedhofszwang für Urnenbestattungen wegfallen. Wie in anderen europäischen Ländern kön-nen dann auch in
Niedersachsen Angehörige die Asche ihrer Verstorbenen in einer Urne aufbe-wahren oder an dafür vorgesehenen Orten verstreuen, wenn die Verstorbenen dies zu ihren Lebzeiten schriftlich festgelegt haben.
3. die Bestattung von Tot- und Fehlgeburten so geregelt werden, dass Hinterbliebenen das Recht zur Bestattung auf dem Friedhof eingeräumt wird. Die Träger von Geburtseinrichtungen haben dabei sicher zu stellen, daß mindestens ein Elternteil auf die Bestattungsmöglichkeit hingewiesen
wird.
Begründung
Eine Neugestaltung des Bestattungsgesetzes muss die Besonderheiten verschiedener Religionsgemein-schaften, verschiedener Weltanschauungen und veränderte individuelle Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen, ohne die Belange der christlichen Mehrheit zu vernachlässigen.
In Niedersachsen leben immer mehr Menschen, die nicht dem christlichen Glauben angehören. Diesen Menschen muss die Möglichkeit eröffnet werden, eine Bestattung
entsprechend ihrer Tradition und Überzeugung vornehmen zu können. Mit der Aufhebung des Sargzwanges wird Rücksicht insbesonde-re auf die islamischen Bestattungsvorschriften genommen. Denn im Islam ist die sarglose Erdbestat-tung die einzige erlaubte Bestattungsart. Jede andere Art ist den Muslimen nur im Notfall und als Ausnahme z.B. bei Seuchen, Überschwemmungen etc. erlaubt. Die Sargpflicht hat in der Vergangen-heit dazu geführt, dass Angehörige ihre Toten in die Ursprungsländer überführt
haben. Da die Famili-enangehörigen z.T. bereits seit Generationen in Deutschland leben, fehlt dadurch den Hinterbliebenen in Deutschland der Ort für ihre Trauerkultur und die Möglichkeit für regelmäßige Grabbesuche.
Die Aufhebung des Friedhofszwangs soll dem Willen verstorbener Menschen über ihre Bestattung einen höheren Stellenwert einräumen als dies bisher der Fall war. Wenn Verstorbene zu ihren Leb-zeiten schriftlich verfügt haben, dass ihre Asche verstreut oder ihre Urne
Angehörigen ausgehändigt werden soll, damit sie in dem Umfeld aufbewahrt wird, in dem sie ihr Leben verbracht haben, dann sollte dieser Wille erfüllt werden können.
Die immer wieder geäußerte Befürchtung, die Aufbewahrung der Urne in privaten Räumen könnte die Totenruhe stören, erscheint nicht ausreichend, um eine solche Aufbewahrung zu verbieten. Wenn Menschen sich für die Aufbewahrung ihrer Urne bei ihren Angehörigen entscheiden, so haben sie auch berücksichtigt, dass sich ihre
letzte Ruhe anders gestalten wird als auf einem Friedhof. Die Auf-bewahrung der Urne in den Räumen der Hinterbliebenen ist eine neue Form der Totenruhe, die nach dem Willen des Verstorbenen gerade in dieser Form gewünscht ist.
Auch die Bestattung von Tot- und Fehlgeburten bedarf einer Neuregelung. Hinterbliebenen muss das Recht auf Bestattung von Tot- und Fehlgeburten eingeräumt werden, wenn sie es wünschen. Damit werden Fehlgeburten aus dem Status des "Operationsabfalls"
herausgehoben und den Angehörigen eine echte Möglichkeit zur Trauerarbeit gegeben.
Fraktionsvorsitzende |
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Rede B. Pothmer, GRÜNE Landtagsfraktion Niedersachsen : Neuordnung des Friedhofs- und Bestattungswesens
LTF|14.WP/bp|PM 0|23.01.2003 es gilt das gesprochene Wort Anrede,
Das Friedhofs- und Bestattungsrecht in
Niedersachsen stammt aus dem Jahr 1934 und ist derzeitig in unterschiedlichen Rechtsvorschriften geregelt. Diese Rechtsvorschriften sind veraltet und anpassungsbedürftig. Sie entsprechen den veränderten Anschauungen und Wertvorstellungen der Bürgerinnen und Bürger vielfach nicht mehr und werden auch den individuellen Wünschen Verstorbener und ihrer Angehörigen nicht mehr gerecht.
So leben in Niedersachsen immer mehr Menschen, die nicht dem christlichen Glauben angehören. Auch diesen
Menschen muss die Möglichkeit eröffnet werden, eine Bestattung entsprechend ihrer Tradition und ihrer Überzeugung vornehmen zu können. Deshalb wollen wir den Sargzwang bei Erdbestattungen aufheben.
Damit nehmen wir auf die islamischen Bestattungsvorschriften Rücksicht. Denn im Islam ist die sarglose Erdbestattung die einzige erlaubte Bestattungsart. Jede andere Art ist Muslimen nur im Notfall und als Ausnahme - z.B. bei Seuchen oder Überschwemmungen - erlaubt.
Die Sargpflicht
hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Hinterbliebene ihre Toten in die ursprünglichen Heimatländer überführt haben. Für diese Hinterbliebenen fehlt dadurch in ihrer aktuellen und dauerhaften Lebenswelt der Ort für Trauer.
Ich glaube, es gebietet der Respekt vor den Menschen nichtchristlichen Glaubens, die z.T. seit Generationen in Deutschland leben, dass wir unsere Friedhofsordnung so ändern, dass auch sie die Möglichkeit bekommen, ihre Toten nach ihrem Ritus hier zu begraben
und zu betrauern.
Im zweiten Punkt unseres Antrages schlagen wir vor, den Friedhofszwang für Urnenbestattungen aufzuheben. Wie in anderen europäischen Ländern sollen auch in Niedersachsen Angehörige die Asche ihrer Verstorbenen in einer Urne an Orten ihrer Wahl aufbewahren oder an dafür vorgesehenen Orten verstreuen dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass die Verstorbenen dies zu ihren Lebzeiten schriftlich festgelegt haben.
Mich hat überrascht, dass insbesondere von
Vertreterinnen und Vertretern der Evangelischen Kirche die Aufhebung des Friedhofszwanges häufig mit der Abschaffung der Friedhöfe gleichgesetzt wird. Auch Sie, Herr Bookmeyer, warnen vor der Zerstörung einer bestehenden Friedhofskultur durch die vorgeschlagenen Änderungen im Bestattungsrecht.
Erfahrungen in anderen europäischen Ländern zeigen aber, dass nur eine kleine Gruppe der Bevölkerung die Urne mit der Asche ihrer Verstorbenen mit nach Hause nehmen möchte. In den Niederlanden
sind es ca. 1% der Hinterbliebenen. Das hat sicher etwas damit zu tun, dass die christlichen Rituale seit Jahrhunderten in der Bevölkerung verwurzelt sind. Und auch ich bin der Auffassung, dass die Kirchen mit ihrem Bestattungsritus den Menschen ein Angebot machen, das sich nicht so einfach ersetzen lässt.
Aber, meine Damen und Herren,
wenn die Sorge der Kirchen berechtigt wäre und die Aufhebung des Friedhofszwanges die traditionelle Existenz der Friedhöfe gefährden würde,
dann würde das bedeuten, dass tatsächlich ein großer Teil der Menschen ihre Angehörigen nur deshalb auf dem Friedhof bestattet, weil es den Friedhofszwang gibt.
Dann allerdings ist es um so notwendiger, über eine Neuregelung der Bestattungsordnung nachzudenken.
Ich meine, die Kirchen sollten durch die Qualität ihres Angebotes überzeugen – und wahrscheinlich überzeugen sie auch - und nicht über den Friedhofszwang eine längst stattfindende Debatte abwürgen.
Ein wichtiger
Punkt unseres Antrages ist die Forderung nach einer Neuregelung der Bestattung bei tot- und fehlgeborenen Kindern. Deren Hinterbliebenen muss das Recht auf Bestattung eingeräumt werden, wenn sie es wünschen. Damit werden diese Kinder aus dem Status des "Operationsabfalls" herausgehoben, ihren Angehörigen wird eine echte Möglichkeit zur Trauerarbeit gegeben.
Anrede,
der Umgang mit dem Tod ist so individuell wie das Leben und bei den Regelungen für die Bewältigung
sollten wir ein breites Spektrum ermöglichen. |
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Beteiligen Sie sich bitte auch an der postmortal.de Umfrage zum Friedhofszwang für Totenaschen in Deutschland Die bisherigen Ergebnisse werden Sie überraschen. |
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