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 Bestattungsgesetz NRW (BestG NRW)
Die erste Lesung im Landtag am 27.06.02

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Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen

     (Bestattungsgesetz - BestG NRW)

     Gesetzentwurf der Landesregierung

     erste Lesung

Vizepräsidentin Edith Müller: Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich dem Justizminister das Wort. Bitte schön, Herr Dieckmann.

Vizepräsidentin Edith Müller
und Horst Vöge (SPD)

Jochen Dieckmann, Justizminister: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Vertretung der zurzeit verhinderten Kollegin Fischer bringe ich für die Landesregierung den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf ein. Die tragenden Erwägungen und die Überlegungen der Landesregierung dazu entnehmen Sie bitte der Unterlage, die Ihnen vorliegt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

          (Allgemeiner Beifall)

Vizepräsidentin Edith Müller: Sehr herzlichen Dank, Herr Minister, für Ihren Beitrag. - Ich rufe als ersten Redner für die Fraktion der SPD Herrn Vöge auf. Bitte schön.

Horst Vöge (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich kann natürlich den Justizminister nicht toppen.

Seit 70 Jahren hat sich in diesem Bereich nichts verändert. Unsere Gesellschaft hat sich verändert. Es gibt insgesamt acht Punkte, über die wir diskutieren wollen. Wir werden in der späteren Diskussion nicht dogmatisch an das Thema herangehen.

Wir wissen, es gibt unterschiedliche Interessen, von der Ethik, von Fragen des Totenkults bis hin zu privaten und industriellen Interessen.

Wir werden mit den einzelnen Interessenten Gespräche führen. Ich denke, es wird eine sehr gute Diskussion, in die wir seitens der SPD-Fraktion offen hineingehen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

          (Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Edith Müller: Vielen Dank, Herr Vöge. - Für die Fraktion der CDU hat jetzt Herr Post das Wort.

Norbert Post (CDU)

Norbert Post (CDU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, was der Justizminister sagte: Wir hatten lange Jahre sehr widersprüchliche und zum Teil sehr alte Verordnungen. Es war dringend nötig, erstmalig ein Gesetz einzubringen.

          (Zuruf)

Frau Fischer, es wäre schön gewesen, wenn Sie das getan hätten. Aber wir werden ja noch zur Diskussion kommen. Das holen wir alles nach.

Frau Fischer, als Ziele nennen sie in Ihrem Entwurf, die Totenwürde zu achten, Gesundheitsgefahren abzuwenden und Kriminalitätsbekämpfung zu regeln. Das sind vorrangig pragmatische Ziele, die sicherlich auch in ein solches Gesetz gehören. Allerdings geht es bei einem solchen Gesetz auch darum, eine bestimmte Grundeinstellung zu dokumentieren.

Die Grundlage für ein Bestattungsgesetz muss unseres Erachtens etwas über die pragmatischen Ziele hinausreichen. Wir betrachten als Grundlage, dass Sterben, Tod und Bestattung Teil unserer abendländischen Kultur und Teil des Lebens in unserer Gesellschaft sein müssen. Dies ist würdig und angemessen gesetzlich zu sichern. Dabei dürfen Gefühle und Sitten der Menschen dieses Landes nicht verletzt oder verkehrt werden. Um dies zu erreichen, sind die gesellschaftlichen Gruppen noch an diesem Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen.

Ein paar Punkte möchte ich schon ansprechen, damit deutlich wird, welche acht Punkte Sie meinen, Herr Vöge.

Friedhöfe müssen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sein und klar von einem privatwirtschaftlichen Business getrennt werden.

          (Beifall bei der CDU)

Davon zu unterscheiden ist der Betrieb von Krematorien.

Gemeinden und öffentlich-rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaften waren bisher und sollen auch künftig Träger von Friedhöfen sein können.

Ob die sich nun privater Dritter bedienen sollen, muss zwischen uns diskutiert werden. Die Notwendigkeit dazu sehe ich noch nicht. Zu diesem Thema ist noch das Einvernehmen mit den Kommunen und diesen eben genannten Gruppierungen herzustellen.

Es gehört zu den Grundlagen unserer Kultur, dass eine Bestattung - ob von Leichen oder Ascheresten - grundsätzlich stattfindet. Davon grundsätzlich abzugehen, wie in Ihrem Entwurf vorgeschlagen, hieße auch, die Grundlagen der eben genannten Kultur und Sitten empfindlich zu stören. Auch hier wird noch eine Erörterung nötig sein, da der Gesetzentwurf auch eine Nichtbestattung bzw. eine spätere Bestattung von Ascheresten vorsieht. Ob dies den Grundsätzen des Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes entspricht, bleibt fraglich.

Dass Menschen anonym beigesetzt werden wollen, ist sicher zu akzeptieren und auch zu ermöglichen. Dafür gibt es aber anonyme Gräberfelder. Warum dann noch Aschestreufelder ausgewiesen werden sollen, muss hinterfragt werden. Wenn dies zulässig sein sollte, dann aber nur unter ganz bestimmten einschränkenden Regelungen. Da finden wir sicherlich eine Formulierung, die wir gemeinsam tragen können.

Laut Gesetzentwurf unterliegen - das ist von mir jetzt sehr persönlich - Totgeburten nicht mehr dem Bestattungszwang, sondern lediglich dem Bestattungsrecht. Positiv ist dagegen zu vermerken, dass dieses Bestattungsrecht auch für Frühgeburten gelten soll. Vielleicht müssen wir aber gerade in dem Fall noch Wege finden, die es insbesondere jungen Eltern auch wirtschaftlich möglich machen, eine angemessene Bestattung vorzunehmen. Denn eine Bestattung kann ein wirtschaftliches Chaos für diese jungen Leute bedeuten.

Wenn es in einigen Abschnitten dann heißt, jedermann habe die Totenwürde zu achten, muss hier leider gefragt werden, ob dieser Begriff heute noch ausreichend definiert und in der Programmatik dieses Gesetzes hinreichend berücksichtigt ist. Das Gesetz gibt das nicht in jedem Fall her.

Grundsätzlich verpflichtend muss es sein, einen Sarg zu benutzen. Dieser Benutzungszwang bzw. Bestattungszwang in einem Sarg ist hier nicht dargestellt. Er wird in späteren Artikeln im Zusammenhang mit Aufbahrungen nur irgendwann einmal am Rande erwähnt. Ich denke, insofern besteht noch etwas Verfeinerungsbedarf.

Letzter Punkt: Auch beim Transport Toter sollte deutlich gemacht werden, dass er aus ethischen Gründen fachgerecht und der Würde der Toten entsprechend stattfindet. Ich darf es einmal etwas sehr platt formulieren: Es kann nicht sein, dass sich jeder eine Urne in den Kofferraum packen darf.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir haben eine ganze Menge von Diskussionspunkten, die hier sehr grundsätzlich zu bearbeiten sind. Wir wollen das in einer dem Gesetzesinhalt entsprechenden Würde tun. Ich hoffe auf eine gute Beratung im Ausschuss.

          (Beifall bei CDU und FDP)

Vizepräsidentin Edith Müller: Vielen Dank, Herr Post. - Für die Fraktion der FDP hat jetzt Herr Dr. Romberg das Wort.

Dr. Stefan Romberg (FDP)

Dr. Stefan Romberg (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Der Gesetzentwurf über das Friedhofs- und Bestattungswesen in Nordrhein-Westfalen ist nach vielen Monaten des Wartens endlich da. Seit die FDP-Fraktion im November 2000 ihren Gesetzentwurf zur Liberalisierung der Feuerbestattung in dieses hohe Haus eingebracht hat, ist einige Zeit vergangen.

Unsere Initiative hat in der Bevölkerung ein sehr positives Echo gefunden. Ich habe zahlreiche Briefe von in der Mehrheit älteren, aber auch von jüngeren Menschen erhalten, die teilweise schon sehr lange den Wunsch nach einer Bestattung nach ihren ganz persönlichen Vorstellungen hegten. Besonders wichtig war für viele der Wunsch, die Urne des Ehegatten bzw. Lebenspartners bei sich zu Hause aufbewahren zu dürfen.

Dem trägt der hier zu beratende Gesetzentwurf der Landesregierung Rechnung. § 11 Abs. 2 sieht die Aufbewahrung eines Toten an einem anderen Ort als dem Friedhof vor, wenn ein würdiger Umgang mit der Totenasche, die Wahrung der Totenruhe sowie die Beisetzung nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sichergestellt ist. Dem können wir Liberalen zustimmen. Jeder Mensch sollte in seinem letzten Willen bestimmen können, wie und wo seine Überreste nach seinem Versterben aufbewahrt werden.

Wir müssen auch berücksichtigen, dass in Nordrhein-Westfalen immer mehr Menschen mit nichtchristlichem Glauben leben, die eine Bestattung nach ihrer Tradition oder Überzeugung vornehmen möchten. In diesem Zusammenhang ist zum Regierungsentwurf positiv anzumerken, dass der Sargzwang, den unsere muslimischen Mitbürger ablehnen - sie bestatten im Leichentuch -, nunmehr aufgehoben werden soll.

Weitere positive Neuerungen im vorliegenden Entwurf sind das Bestattungsrecht von Tot- und Fehlgeburten und die Möglichkeit der Einrichtung von Friedwäldern.

Alle diese Veränderungen können helfen, den Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen zu verarbeiten.

Kritisch sehen wir Freien Demokraten die Verwirklichung der Kriminalitätsbekämpfung mittels der in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen. Hier sollten wir in den nächsten Wochen fraktionsübergreifend über Nachbesserungen beraten. Die in Nordrhein-Westfalen stark fallende Obduktionsrate - Obduktionen dienen zum Erkennen der wirklichen Todesursache und zum Aufdecken von Verbrechen - ist alarmierend. Diese Entwicklung müssen wir unbedingt aufhalten. § 10 des Gesetzentwurfs ist mutmaßlich nicht ausreichend; denn er verpflichtet lediglich die Krankenhausträger, bei der Aufnahme nach der Einstellung des Patienten zu einer Obduktion zu fragen.

Ein weiteres Problem im Rahmen der Kriminalitätsbekämpfung ist die oft unzureichend und oberflächlich ausgeführte Leichenschau. Aus diesem Grund werden viele Tötungsdelikte nicht aufgedeckt. Aufgrund einer Studie, die 1997 vom Rechtsmedizinischen Institut der Universität Münster veröffentlicht worden ist, muss man davon ausgehen, dass sich Tötungsdelikte doppelt so häufig ereignen, wie sie statistisch erfasst werden. Das heißt im Klartext, dass jeder zweite Mord bei uns nicht entdeckt und damit nicht geahndet wird. Dieser Zustand ist für einen Rechtsstaat nicht tragbar.

Dass in § 9 Abs. 3 eine sorgfältige Leichenschau statuiert wird, lässt für die Zukunft hoffen. Trotzdem sollten wir bei den weiteren Beratungen über das Prinzip der Unabhängigkeit und über eine ausreichende Qualität bei der Leichenschau nachdenken und zum Schutz der Menschen in Nordrhein-Westfalen entsprechend handeln.

Alles in allem ist dieser Entwurf eine gute Diskussionsgrundlage für ein modernes Friedhofs- und Bestattungswesen in Nordrhein-Westfalen. Noch ausstehende Verbesserungen werden wir in den anstehenden Beratungen und mithilfe der geplanten Expertenanhörung sicherlich realisieren können. - Herzlichen Dank.

          (Beifall bei der FDP)

Vizepräsidentin Edith Müller: Vielen Dank, Herr Dr. Romberg. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Steffens das Wort.

Barbara Steffens (Grüne)

Barbara Steffens (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es positiv, dass die FDP-Fraktion von Ihrer Initiative in der Form, wie sie diese damals eingebracht und inhaltlich begründet hat, Abstand genommen hat und begrüßt, was als Gesetzesinitiative vorgelegt worden ist. Nach dem Gesetzentwurf steht die Wahrung der Totenruhe und der letzte Wille des Verstorbenen im Zentrum der Entscheidung. Ich finde es angemessen, wie mit den Toten umgegangen werden soll.

Ich glaube, es wird uns gelingen, diesen Gesetzentwurf ohne parteipolitische Auseinandersetzungen zu diskutieren und die Anhörung durchzuführen. Die gerade von Herrn Post vorgetragenen Anmerkungen gehören zu den Punkten, über die man reden muss und reden kann. Meiner Meinung nach ist es möglich, diese Debatte schnell abzuschließen, da wir inhaltlich vermutlich, wie sich bestimmt auch in der Anhörung zeigen wird, ziemlich nahe beieinander liegen werden. Es ist zu begrüßen, dass man dann über ein solches Bestattungsgesetz perspektivisch Klarheit beim Bestattungsrecht hat. Wir werden diesen Gesetzentwurf in einer angemessenen Form behandeln.

          (Beifall bei den GRÜNEN)

Minister Jochen Dieckmann,
Ministerin Birgit Fischer (beide SPD)

                             
Alle Fotos: postmortal.de - B. Bruns

Vizepräsidentin Edith Müller: Vielen Dank, Frau Steffens. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung.
 
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes Drucksache 13/2728 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge - federführend - sowie an den Ausschuss für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform und an den Ausschuss für Kommunalpolitik. Wer stimmt der Überweisung zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung.


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