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vom 20. bis 22. September in der Essigfabrik, Köln |
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 |  | | Der Tod wurde zum Thema einer innovativen Theaterinszenierung. RITUS: Der Beifall - er mochte nicht enden.
Doch eine laienhafte Öffentlichkeitsarbeit der Veranstalter geriet zum TrauerspielVon Bernd Bruns - postmortal.de (Text, Fotos und Audio) Köln im September 2002 - Insider kennen sie seit Jahren, die jährliche Veranstaltung der Bestatter, die hier zu Lande stets dem zeitgemäßen Umgang mit Tod und Trauer neue Impulse verleiht: die “eternity”. Ursprünglich wurde sie allein vom fortschrittlichen Verband Dienstleistender Thanatologen (VDT) aus Münster ausgerichtet; doch seit 2001 sitzen auch die beiden Bestatterverbände BDB und
VDB mit im Boot und beteiligen sich - primär durch finanzielle Unterstützung - an der innovativen “eternity”. Erstmalig sollte in diesem Jahr an den zwei letzten Tagen auch die interessierte Öffentlichkeit an die sensiblen Themen Tod, Trauer und Bestattungskultur herangeführt werden. Doch durch eine höchst dilettantistische Öffentlichkeitsarbeit geriet die löbliche Absicht der Veranstalter
leider zum peinlichen Desaster.Dabei hatten sich die Veranstalter im Vorfeld alle Mühe gegeben, die sensible und teilweise noch immer tabubesetzte Thematik für die Öffentlichkeit aufzubereiten. Wolfgang
 |  | | Bestatter Wolfgang Averbeck (links) und Regisseur Thomas Nufer: In vierzehn unabhängigen Szenen auf der Bühne die Bestattungskultur bereichert. |
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| Averbeck, rühriger
und progressiver Bestatter aus Münster, zudem engagiertes Mitglied im Verband Dienstleistender Thanatologen, hat sich seit Jahren erfolgreich als eine Art “Kulturmanager” der eternity profiliert. Seine innovativen Ideen, die er auch zu realisieren vermag, bilden stets die kulturellen Höhepunkte, die das positive Bild der eternity in der Öffentlichkeit prägen. Bei der eternity 2001 in Ulm, beispielsweise, ließ Averbeck eigens eine malerisch anmutende Bestattungsgondel aus Venedig ins Foyer der
Ausstellung transportieren.Zur eternity 2002 in einer jetzt kulturell genutzten ehemaligen Essigfabrik in Köln mit dem rustikalen Ambiente einer experimentellen Theaterwerkstatt, hat Averbeck mit großem Erfolg - unter Einsatz seines Herzblutes - das bisher größte und teuerste Event der richtungweisenden Bestatterpräsentation verwirklicht: Ein szenisches Theaterprojekt, das mit Ernsthaftigkeit, aber nicht ohne Humor, den Umgang mit dem Tod in unserer
Gesellschaft thematisiert. Profihaft und mit großem Engagement und vor allem auch Kreativität wurde Averbecks Idee einer Theaterinszenierung zum Thema Tod schließlich von Thomas Alexander Nufer aus Münster umgesetzt. Der 43jährige Regisseur  |  | Gabriele Brünig: Sie brillierte als Frau mit wichtigem Termin, Pastorin. Witwe Lerchenberg u.a. |
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| und Bühnenbildner mit großer dramaturgischer Erfahrung schrieb sachkundig und mit Sensibilität die Texte um das Tabu des Todes in einer Theaterinszenierung zum öffentlichen Thema zu machen. Unterstützt und fachkundig beraten wurde der Theaterprofi dabei von einem eigens gegründeten Projektteam. Mitglieder: Wolfgang Averbeck, Franz Hartje, Wolfgang Paßmann und Pfarrer Christoph
Schmidt-Ehmcke. Die Kosten wurden von drei Bestatterverbänden und Sponsoren aus der Bestattungsindustrie getragen.Ein solches Projekt ist natürlich nicht ohne ausreichende Finanzmittel zu verwirklichen. Wolfgang Averbeck schaffte es mit seiner Überzeugungsarbeit, die nötige “Knete” bei den Bestatterverbänden und anderen namhaften
Sponsoren aus der Bestattungsindustrie zu beschaffen; darunter auch Europas größter Urnenhersteller, die Giesener Firma Willibald Völsing. So kamen etwa 60.000 Euro für das spannende und ungewöhnliche Theaterexperiment zusammen. Einen Großteil
 |  | | Thomas Wenzel: Er stirbt in Ritus mehrfach als Bertold Lerchenberg (“Bertie”). |
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der Kosten verursachte die Produktion des mit aufwendiger Videotechnik visualisierten Bühnenhintergrundes, der ungewöhnliche und bisweilen verblüffende Effekte im Kontext zu jeder Szene bot.Thomas Nufer zeigte als Skriptautor und Regisseur nicht nur ein sensibles Gespür für die ungewöhnliche Thematik des Theaterprojekts; er konnte auch überzeugende Schauspieler(innen) mit großem Einfühlungsvermögen und emotionalem Engagement für die Mitwirkung gewinnen. Sie
alle führten das unkonventionelle Theaterereignis mit seinen erfrischenden skurrilen Elementen zu einem großen Erfolg. Nach der Uraufführung des einmaligen Stückes mit vierzehn von einander unabhängigen Szenen auf der eternity mochte der Beifall des Publikums nicht mehr enden. Und nach der Aufführung des Theater-Events am zweiten Tag der eternity gab es gar minutenlange stehende Ovationen der begeisterten Besucher . Fassungslos mußten unabhängige Beobachter dagegen
mit ansehen, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Veranstalter zur vermeidbaren Katastrophe geriet. Da wurden über sechzigtausend Euro in das kulturelle Topereignis investiert; monatelang hatte das engagierte Theaterteam sich auf die eternity vorbereitet: Doch die höchst wichtige Öffentlichkeitsarbeit wurde dann einer unerfahrenen Studentin und einem Kölner VDT-Bestatter anvertraut. Bei
dieser laienhaften PR konnte es natürlich nicht gelingen, die am Thema interessierte Öffentlichkeit über die eternity angemessen zu informieren und zum Besuch der Veranstaltung zu animieren. So kam es, daß eine wünschenswerte Breitenwirkung für Ritus auf der eternity leider nicht erreicht werden konnte und nur die ohnehin anwesenden Bestatter und andere Insider das außergewöhnliche Theaterereignis zu Gesicht bekamen. Die beiden letzten Ritus-Aufführungen mußten in der Metropole Köln
mangels Zuschauer ausfallen. Ziel verfehlt, so das traurige Resümee.Freuen können sich über dieses Desaster allenfalls die faden Funktionäre des Düsseldorfer Bestatterverbandes BDB. Sie waren zu keiner Zeit echt begeistert von der Absicht, die Öffentlichkeit in die eternity mit einzubeziehen und fühlen sich jetzt in ihrer Einschätzung bestätigt. Mit dem fortschrittlichen Konzept der eternity konnten sich die Repräsentanten des BDB,
 |  | | Jan Sturmius Becker: Forsthelfer, Arkan,
Jongleur u.a. Mit seinem Waschbrett erzielte er besondere Aufmerksamkeit. |
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| Wolfgang Zocher (Präsident) und Dr. Rolf Lichtner (Generalsekretär) ohnehin nicht recht anfreunden. Doch sie mochten sich nicht von der Veranstaltung ausschließen und förderten sie schließlich - ohne persönliches Engagement -
eher pflichtgemäß mit Mitteln aus der “Portokasse” des finanzkräftigen Bundesverbandes. Überhaupt: Die beiden BDB-Herren besuchten die eternity nur am Tag der Eröffnung und wurden - im Gegensatz zu den rührigen Repräsentanten des VDB (Dr Rolf-Peter Lange) und des VDT (Wolfgang Paßmann) - dann nicht mehr gesichtet. Schon wird hinter den Kulissen - so war in gewöhnlich gut informierten Kreisen zu erfahren - darüber nachgedacht, die nächste eternity wieder ohne eine Beteiligung des
Bundesverbandes auf die Beine zu stellen. Vorsorglich wies Averbeck in einer Podiumsdiskussion schon mal darauf hin: “Wir sind nicht das neunundfünfzigste Sternchen auf dem Banner des Bundesfachverbandes” (mp3).
Bleibt Ritus jetzt im Regen stehen? Das kann, das darf es nicht gewesen sein! Dieses Theater-Juwel ist es wert, einem breiten Publikum zugänglich gemacht zu werden. Dabei kann das von den Initiatoren ins Auge gefasste Konzept nicht überzeugen. Geplant ist, daß Bestatter in der ganzen Republik, beispielsweise bei einem Tag der offenen Tür,
einzelne Szenen aus diesem Stück zu horrenden Preisen aufführen lassen. Dieses Konzept muss irreal und untauglich anmuten. Ist es wirklich sinnvoll, das Theaterstück in Module zu zerlegen, die dann einzeln zu Preisen angeboten werden müssen. die selbst für sehr solvente Bestatter schwerlich zu bezahlen sind? Ist es sinnvoll und wirtschaftlich, das gesamte umfangreiche Equipment für die Vorführung nur einer Szene zu mieten und vor Ort zu installieren?
Da sollten die verantwortlichen und verdienstvollen Initiatoren dieser einmaligen kulturellen Innovation noch einmal besser nachdenken und nach realistischen Möglichkeiten suchen, das gute Stück einem breiten Publikum in Gänze zugänglich zu machen. Es wäre ein Jammer, wenn dieses lobenswerte Projekt jetzt wieder unbeachtet in der Versenkung verschwindet. |
| |  | Szenenfolge (1) Die Puppe (2) Ein alter Mann geht vorüber (3) Ohne Belastung (4) Besuch im Krematorium (5) Die Urne
(6) Tod unter Bäumen (7) Der Winzer im Weinfass - Pause - (8) Intermezzo (9) Heavy Metal (10) Der letzte Gast (11) Verletzte Liebe (12) Der kleine Prinz (13) Lebenssatt (14) Der große Augenblick
Mit Zitaten aus Texten von Erich Kästner (2), W.H. Auden (10), Antoine de Saint-Exupéry (12) und Leo Tolstoi (14) |
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 |  | | Ich will, daß ihr einen einfliegt aus’m Vatikan! Aus Rom. Direkt hierher.
Hier wird nicht abgeräumt, Fräulein, keiner wird hier abgeräumt. Da hast Du dir aber einen schönen Tag zum Sterben ausgesucht, mitten im Sommer im Café Belevue. Die Anwesenheit eines Toten ist doch etwas Feierliches, merken Sie das nicht? - Aber woher, das ist doch der Bertie!  | Pascaline Becker: Kleines Mädchen beim Kinderbegräbnis |
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| Gedanken zum Schaustück RitusWiedergänger
Die Idee: Ein “Verstorbener” wird begraben und kehrt kurze Zeit später wieder zurück, stirbt erneut und reinkarniert immer wieder. Der vegebliche Kampf gegen die Vergänglichkeit. Der Hauptdarsteller ist so etwas wie ein ewiger Wiedergänger. Zusammen mit diesem “Toten”, aber gleichzeitig sehr lebendigen Akteur wird der Zuschauer verwickelt in alle möglichen Formen der Trauerkultur, in eine katholische, eine evangelische Grablegung, eine Baumbestattung im “Friedwald”, er lernt
nichtkonfessionelle und sehr unkonventionell gestaltete Beerdigungsrituale kennen, auch ein Kinderbegräbnis und sieht sich nicht zuletzt mit der Idee des anonymen Grabes konfrontiert. Das eigentlich Traurige des Themas wird überlagert durch die Sympathie für den Dauer-Todeskandidaten, der sich in dem Schaustück lebendiger - oft auch skurriler - verhält als die ständig wechselnde Trauergemeinde. um ihn herum, und durch die Neugier auf
all die Rituale, die man sich für ihn einfallen läßt.
Weitere Informationen unter www.ritus.info |
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 | Beteiligen Sie sich bitte auch an der postmortal.de Umfrage zum Friedhofszwang für Totenaschen in Deutschland Die bisherigen Ergebnisse werden Sie überraschen. |
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