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3. März 2000
Nr. 9/2000

Die letzte Reise

Keine Spuren hinterlassen, einen klaren Schnitt ziehen zwischen Leben und Tod -

aus solchen Motiven heraus wählen Menschen immer häufiger die Feuerbestattung. Jetzt will anspruchsvolle Architektur dem kurzen Abschied Raum und Würde geben. Kann das gelingen?

VON ANGELIKA OHLAND

Ein Mensch stirbt. Als Asche wird er begraben. Was geschieht in der Zeit dazwischen? Bericht aus einem Krematorium

Wenn der Mensch tot ist, kommt er in den Sarg. Zwei Männer vom Bestattungsinstitut heben ihn dort hinein. Sie schreiben seinen Namen, sein Geburts- und sein Sterbedatum auf einen Zettel und befestigen ihn mit einem Band am Fuß des Menschen. Der Sarg ist aus leichtem Polyester und deshalb gut für den Transport geeignet. Außen glänzt er schwarz. Die Männer tragen ihn zu ihrem Kombi, sie befestigen einen Metallbügel an seinem Ende, damit der Sarg bei der Fahrt nicht verrutschen kann.
Dann fahren die Männer den Menschen im Sarg zum Krematorium. Das Krematorium Hamburg-Öjendorf ist zwischen den Bäumen und Sträuchern des Friedhofs sehr schön gelegen, man erkennt es lediglich an den beiden Schornsteinen, die hinter dem flachen, breiten Backsteingebäude emporragen. Die Männer fahren hinten zum Liefereingang, sie öffnen den Kofferraum und ziehen den Sarg heraus. Als das hintere Ende auf den Boden kommt, gibt es einen leichten Ruck.
Hinter der Tür steht ein Pritschenwagen, auf den laden sie den Sarg. Sie schieben ihn in eine große, leere, mit Neonlampen hell beleuchtete Halle. Ihre Wände sind aus gelbem Klinker gemauert, wie das ganze Gebäude. Nirgends kann man nach draußen gucken. Der gelbe Klinker rundum wird nur von drei breiten, zweiflügligen Türen unterbrochen, die man mit Hilfe eines Bandes, das von der Decke hängt, öffnen kann. Es ist kühl und ruhig, nur links vom Eingang, wo die Rezeption ist, sprechen Männer, allerdings nicht sehr laut.
Zwei Arbeiter in beigefarbenen Latzhosen nehmen den Sarg in Empfang. Sie öffnen seinen Deckel und kontrollieren die Angaben auf dem Schild am Fuß des Menschen. Hinter dem abgeschabten Tresen an der Rezeption prüft ein Mann die Papiere. Er trägt die Daten des Menschen im Sarg in den Computer ein: Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Sterbedatum, Bestattungsunternehmen, Nummer des Kühlschranks. Aus dem Drucker winden sich mehrere Blatt Papier. Die Männer des Bestattungsinstituts nehmen ihre Empfangsbestätigung des Krematoriums und fahren mit ihrem Auto davon.
Zwei Männer schieben den Wagen mit dem Sarg aus der Halle. Sie fahren ein kurzes Stück durch einen schmalen, ebenfalls mit Neonlicht beleuchteten Gang. Die Luft riecht abgestanden. Die Männer öffnen eine Metalltür und schieben den Menschen im Sarg in die Leichenhalle.
In der Leichenhalle ist es sehr sauber, der Boden hell gefliest, an den Wänden sind bis zur Decke Metallschränke, die wie Schließfächer aussehen. Bis auf die Schränke ist der Raum leer, und bis auf die wenigen Geräusche der Männer ist es völlig still. Es ist kalt, nicht richtig eisig, sondern Kühlschranktemperatur. Die Männer öffnen den Sarg und schieben den Menschen in den Schrank. Von nun an werden es immer Männer-, nie Frauenhände sein, die den Menschen berühren, denn Frauen arbeiten hier nicht.
Der Mann legt einen gelben Zettel in den Schrank und tackert einen weiteren gelben Zettel an die Schranktür. Dann verlassen beide mit dem leeren Transportsarg den Kühlraum. Sie machen das Licht aus und schließen die Tür zum Flur. Das vergessen sie nie, denn auf einem Blatt Papier, das neben der Kühlraumtür klebt, steht: "Auch Kälte kostet Geld." Der tote Mensch liegt im Schrank.
Er ist allein, allein mit den anderen toten Menschen in den anderen Schränken. Es ist still und kalt und sauber. So liegt der Mensch bis zum nächsten Morgen. Dann wird er in einen Raum gefahren, wo er ausgezogen und aufgebahrt neben etwa sechzig anderen Toten liegt. Ein Arzt aus der Gerichtsmedizin untersucht den Menschen, er prüft, ob die auf dem Totenschein angegebene Todesursache stimmt. Dann gibt er per Laptop sein Okay für die Kremation.
Später ziehen Männer dem Menschen Hemd und Hose und Jacke an - seine Verwandten haben ihm die Kleidung, die am besten aus Baumwolle und auf keinen Fall aus Synthetik besteht, für die letzte Reise gebracht und ihm auch einen Holzsarg ausgesucht. Die Männer kämmen das Haar und machen den Menschen schön. Dann legen sie ihn in den Sarg. Der Sarg ist nur dünn lackiert und hat keine Griffe, weil niemand ihn mehr tragen muss. Der Mensch liegt auf einer Matratze und auf einem feinen, glänzenden weißen Tuch.
Am nächsten Tag schiebt ein Mann den Menschen im Sarg durch den Flur zum Fahrstuhl. Der Fahrstuhl fährt ihn in einen Raum mit vielen Bänken und Blumen. Dort nehmen Verwandte und Freunde Abschied. Als die Trauerfeier zu Ende ist, fährt das Podest wieder in den Keller. Der Mensch liegt im Sarg im Kühlraum. Vielleicht zwei Stunden, vielleicht einen Tag. Dann kommt ein Mann und fährt den Sarg einen anderen Gang entlang. Auf einem schmalen Stehpult liegt eine Liste, auf der steht der Name des Menschen im Sarg. Als der Mann den Namen auf der Liste gefunden hat, macht er mit einem blauen Kuli einen Haken davor.
Neben dem Stehpult steht ein Tisch, darauf liegen Aluetiketten mit dem Namen des Menschen und mit einer Nummer. Neben der Aluetikette liegt ein weißer Schamottestein mit einer Nummer. Der Mann vergleicht die Nummern mit den Papieren, die er hat. Er legt den Schamottestein auf den Sarg und schreibt mit einem dicken schwarzen Stift ein Kennzeichen auf den Deckel.
Der Mann fährt den Menschen im Sarg zum Ofen. Vor dem Ofen befindet sich eine Metallplatte, darauf stellt er den Sarg. Der Mann geht fort.
Der Mensch im Sarg steht vor dem Ofen. Der Ofen hat eine mächtige schwarze Tür, die noch fest verschlossen ist, und etwa einen Meter dicke Wände. In ihm befinden sich mehrere Kammern und an seiner Hinterseite Instrumente, welche die Temperatur und die Verbrennungsluft messen.
Hinten ist der Ofen mit strahlend blauer Farbe angestrichen, aber von dort aus, wo der Sarg steht, sieht man das schöne Blau, das eher dem Meer als dem Himmel gleicht, nicht. Und auch nicht die vielen Rohre und Kessel, die wie bei jeder Industrieanlage dafür sorgen müssen, dass die Luft, die aus dem Schornstein kommt, von Giften gereinigt ist.
Auch vor den anderen beiden Öfen stehen Särge. Der Raum ist hell beleuchtet, hin und wieder gehen Arbeiter herum. Die Ventilatoren für die Luftzufuhr dröhnen.

In der Ecke steht ein kleiner Tisch mit einem Stuhl davor. Auf dem Tisch liegt Papierkram und auch ein Radio steht drauf. Aus dem Radio kommt Schlagermusik, die manchmal knistert, weil der Sender schlecht eingestellt ist.
Ein Mann vergleicht die Angaben auf dem Sarg und auf dem Schamottestein mit seinen Papieren. Der Schamottestein mit der Nummer drauf wird zusammen mit dem Sarg in den Ofen fahren und nun immer bei dem Menschen bleiben. Es sorgt dafür, dass ihn niemand mit einem anderen Menschen verwechselt.
Der Mann tritt an ein Bedienpult und schiebt per Knopfdruck die schwere Tür langsam auf. Er sieht die rot glühenden Steine im Ofen und spürt die Hitze, die heraus in den Raum dringt.
Die Luft, welche der Ofen durch ein Rohr einsaugt, macht ein lautes Geräusch. Die Einfuhrschiene fährt den Sarg in den Ofen und setzt ihn auf den Boden. Sofort geht er in Flammen auf. Dann drückt der Arbeiter wieder einen Knopf am Bedienpult, und die Tür schiebt sich vor die Ofenöffnung zurück.
In dem Ofen ist es 800 Grad heiß. Wenn der Sarg brennt, steigt die Temperatur auf über tausend Grad an. Eine Stunde lang ist der Mensch in dieser Hitze. Durch ein kleines Bullauge auf der Hinterseite kann der Arbeiter in den Ofen gucken. Da liegt der Mensch im Feuer, der Arbeiter sieht seinen Schädel und die Knochen seiner Oberarme, der Sarg ist schon fast zerfallen. Er sieht, wie das Feuer orange leuchtet.
Nach einer Stunde öffnet ein Arbeiter hinten am Ofen eine Klappe. Mit einem langstieligen Metallschieber kehrt er zusammen, was das Feuer übrig ließ. Er schiebt die Überreste des Menschen und des Sarges in eine zweite Kammer des Ofens. Mit noch größerer Hitze als in der Hauptbrennkammer werden die Knochen dort mineralisiert. Danach fallen sie in einen Metallbehälter.
Ein Arbeiter im blauen Overall und mit dicken Handschuhen zieht den Metallbehälter heraus und stellt ihn neben den Ofen. Auch neben den anderen Öfen stehen Metallbehälter, sie haben die Form einer Schaufel, nur dass die Kanten zu einer nach vorne offenen Kiste hochgezogen sind. Oberschenkelknochen und Gelenkpfannen liegen mit der Asche an der kühlen Luft, sie sind sehr heiß.
Ein Arbeiter nimmt die Schaufelkiste mit den Knochen des Menschen und stellt sie auf einen Tisch. Mit einem Stab gräbt er in der Asche. Seine Hand greift ein künstliches Hüftgelenk heraus und will es neben den Behälter legen. Doch es rutscht ihm aus der Hand und fällt auf den Tisch, da macht es leise pling. Das metallene Hüftgelenk ist noch viel heißer als die Knochen.
Dann trägt der Arbeiter die Schaufelkiste zum Mahlgerät. Er schüttet die Knochen des Menschen in das Gerät und drückt einen Knopf. Das Gerät surrt leise, es mahlt die Knochen zu Staub. Der Mann schaltet das Gerät aus und öffnet einen Schrank. Er nimmt eine Urne und stellt sie unter die Öffnung des Geräts. Die Urne ist aus Kupal und dunkelrot. Die Asche des Menschen fällt aus dem Gerät in die Urne.
Der Mann klebt das metallene Etikett, das auf dem Tisch neben dem Stehpult lag, auf die Urne, schraubt sie zu und trägt sie fort.
Die Urne steht auf einem Regal neben vielen anderen Urnen. Bald wird sie abgeholt. Ein Auto bringt sie fort, oder ein Mann packt sie in eine gelbe Plastikkiste und verschickt sie mit der Post.
Verwandte begraben die Urne auf dem Friedhof. In der Urne ist die Asche. Die Asche war einmal ein Mensch
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