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Bis die Asche in die Urne rieselt

Autor: ORLANDO FOFFA / © «Luzern heute» / 17.03.97

Seit 1924 ist in Luzern ein Krematorium in Betrieb. Über 40 000 Personen sind hier seither eingeäschert worden. Heute lädt der Kremationsverein Luzern zu seiner 70. ordentlichen Generalversammlung ein. Der Verein setzt sich dafür ein, dass die Feuerbestattung ermöglicht, aber auch verbreitet wird. Ein Rundgang durch den Ort der «Letzten Dinge».

Noch ein letztes Blinzeln in die strahlende Morgensonne. Dann führt uns Othmar Hiltbrunner, technischer Angestellter im Krematorium Luzern, in den Untergrund des neoklassizistischen Kuppelbaus. Kaltes Neonlicht durchflutet den schmalen Gang. Ein einfaches Tischchen, daneben eine kleine Kochnische.

DIE EINFÜHRMASCHINE

Irgendwie erinnert die Atmosphäre an das Innere eines Schiffsrumpfes, wo jeder verfügbare Platz möglichst zweckmässig und doch nicht ganz ungemütlich genutzt wird. Hiltbrunner öffnet die Tür. Einzig das Surren der Lüftungsanlage ist zu vernehmen. Vor unseren Augen weitet sich ein grosser rechteckiger Raum. Unsere Augen sind auf das Zentrum des Raumes gerichtet. Der Blick fällt auf zwei Bestattungsöfen. Zwei rund fünf Meter lange Schienen führen zu den Eingängen der Öfen. Auf beiden stehen am hinteren Ende zwei Metallwagen, die an überdimensionierte Palettwagen erinnern. «Einführmaschinen» nennt sie Hiltbrunner. Eine von ihnen ist mit einem Sarg beladen. Wäre da nicht dieser Sarg und das Holzkreuz an einer Wand, würden wir uns in einem ganz normalen industriellen Betrieb wähnen. Die Raumtemperatur beträgt rund 25 Grad. «Kühler als in einer Backstube», bemerkt der Fotograf.

SAUBERE ABLUFT

Es ist Viertel nach zehn Uhr. Erst gerade vor einer Viertelstunde hat Hiltbrunner im Ofen 56 «einen Sarg eingefahren», wie er sich ausdrückt - den 40 166sten seit der Eröffnung des Krematoriums im Jahr 1924, den 481sten dieses Jahr. Ofen 56 hat Baujahr 1956. Auch Ofen 81 nebenan ist in Betrieb. «Die erste halbe Stunde einer Kremation ist die Zeit, die am meisten Aufmerksamkeit erfordert», sagt Hiltbrunner. Er weist auf eine Anzeige, die ihm mittels Sensoren Aufschlüsse über den Rauchaustritt vermitteln.

Bei zu grosser Rauchentwicklung muss er jeweils mehr Luft zufügen, die den Rauch wieder zurück ins Feuer führt. Damit soll verhindert werden, dass das Krematorium den Eindruck eines frühindustriellen Kaminschlots erweckt. «Denn der Rauch wäre dann brandschwarz», so Hiltbrunner. Bei konventionellen Heizungen seien im Kamin heute nur Ablufttemperaturen zwischen 40 und 60 Grad zugelassen. «Bei uns aber gehen wir mit etwa vier- bis fünfhundert Grad in den Kamin», sagt er weiter. Und deshalb sei es wichtig, dass sämtliche Kohlepartikel sauber verbrannt würden. Nicht zuletzt auch der Geruchsimmissionen wegen.

Bei einer «sauberen Verbrennung» würde lediglich Hitze aus dem Krematoriumskamin strömen. Hiltbrunner findet dies schade: «Denn anstatt diese Energie in die Luft zu verpuffen, könnten wir uns doch auch an das Heizsystem des Kantonsspitals anhängen, wie das bereits die Kehrichtverbrennungsanlage Ibach tut.» Auch die Friedhofwege könnten mit Warmwasserleitungen versehen werden. Auf diese Weise würde sich die Friedhofsverwaltung die winterlichen Schneeräumungsaktionen ersparen.

Die Temperatur im Ofen 56 beträgt zur Zeit etwa 750 Grad. Aufgeheizt werden die Speicheröfen nachts mit Strom bis auf eine Temperatur von rund 700 Grad. Damit sind die Öfen einen ganzen Tag lang betriebsbereit. Wird eine Leiche eingeäschert, steigt die Temperatur jeweils auf 880 bis 1000 Grad.

Anderthalb bis zwei Stunden dauert eine Einäscherung im Durchschnitt. Es komme aber auch vor, dass dreieinhalb bis vier Stunden nötig seien. «Es kommt immer auf die Bauweise des Sargs und den Zustand der Leiche an», erklärt Hiltbrunner. Bei Leuten, die unter starkem Medikamenteneinfluss oder drogenabhängig sterben, würde die Verbrennungszeit jeweils länger dauern.

Weitere Rückschlüsse über die verstorbene Person kann Hiltbrunner beim Anblick der verkohlten Knochen ziehen. «Hier haben wir beispielsweise weisse Knochenreste. Diese Person ist sicher gesund gestorben», diagnostiziert er. Bei kranken Menschen hingegen würden sich die Knochen dunkel verfärben.

SCHICHTARBEIT

Im Krematorium Luzern sind zwei Personen für die «technische Einäscherung» zuständig, wie wir von Hiltbrunner erfahren. Sie arbeiten in Schichten, damit sie den beträchtlichen Arbeitsaufwand besser bewältigen können. Von morgens um fünf Uhr bis abends um sechs sind beide Öfen ununterbrochen im Einsatz. Maximal 13 Kremationen werden hier pro Tag durchgeführt. Fünf Tage pro Woche.

Morgens werden die Särge jeweils aus der nebenstehenden Sarghalle mit Hilfe eins Liftes einen Stock tiefer transportiert, wo sie durch einen schmalen Gang in den eigentlichen Kremationsraum gelangen. In der Sarghalle herrschen spürbar kühlere Temperaturen. Der Raum wird durchschnittlich auf zehn Grad gekühlt, damit die Leichen einigermassen konserviert werden. Dies sei nötig, da die Leichen bis zu fünf Tagen in der Sarghalle bleiben.

GROBKÖRNIGE ASCHE

Im Kremationsraum wird der Sarg auf die Einführmaschine gesetzt. Mit ihr «fährt» Hiltbrunner den Sarg in den Ofen «ein», wo er auf querliegende feuerfeste Betonsteine zu liegen kommt. Noch bevor die Ofentür geschlossen ist, macht sich der Geruch von verbranntem Holz bemerkbar. «Der Sarg brennt immer als erstes», so Hiltbrunner.

Vor jeder neuen Kremation muss er zuerst die Überreste der vorangegangenen Einäscherung im unteren Brennraum des Ofens zur Seite schieben, wo sie ein erstes Mal ausglühen. In der Zwischenzeit beginnt die Leiche im oberen Brennraum zu verbrennen. Nach einer Weile kehrt Hiltbrunner die Asche aus dem unteren Brennraum in einen Metallbehälter. Eisenteile wie künstliche Gelenke oder Sargnägel werden entfernt. Überreste von einzelnen Knochen sind nun gut sichtbar. Diese werden in der «Mühle» mit Metallkugeln verkleinert, bis letzten Endes nur noch etwa zwei Handvoll grobkörniger Asche übrigbleibt.

DER RICHTIGE NAME

Die Asche wird schliesslich in eine Urne aus Ton oder Holz gefüllt, die Hiltbrunner behutsam mit einem Draht versiegelt. Dazu kommt die entsprechende Namensplakette. Die dauernde Überprüfung des richtigen Namens zählt für Hiltbrunner zur wichtigsten Sorgfaltspflicht. Alles muss seine Ordnung haben. «Wer sauber arbeitet, leistet auch gute Arbeit», sagt er. Hiltbrunner liebt seine Arbeit. Gewissenhaft und ehrfürchtig betreibt er sie. Sein Kollege arbeite zwar lieber draussen, er jedoch bevorzuge die Arbeit der technischen Einäscherung.

Wir verlassen das Krematorium. Draussen scheint wieder die Sonne. Schlagartig macht sie mir nach diesem Besuch bewusst, wie nahe Leben und Tod beieinanderstehen.

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