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Wenn er einmal tot ist, dann soll man seine Asche einfach in die freie Natur streuen. Das könnte sich Bernd Bruns zumindest gut vorstellen - doch sein Wunsch ist gesetzeswidrig. In Deutschland gilt nämlich der sogenannte Friedhofszwang - mit Ausnahme des
Seegrabes darf Totenasche ausschließlich auf dem Friedhof bestattet werden. Und damit das keiner umgeht, ist es verboten, sie den Angehörigen auszuhän- digen. | | | | | | Bernd Bruns: "Wir leben in einem Land, in dem man, selbst wenn man sich der Zwangsbeisetzung beugt, noch nicht einmal von der
Trauerfeier bis zur Zwangsbei- setzung auf dem Friedhof, als Ehepartner, der alle Wege des Lebens gemeinsam gegangen ist, die Urne eigenhändig zum Grab tragen darf. Das geht nur, wenn ein Friedhofsverwalter beide Augen zudrückt."Wie man den Friedhofszwang
trotzdem umgehen kann, verrät Bernd Bruns auf einer Internet- seite, die er zusammen mit an- deren Gegnern der deutschen Friedhofsordnung gestaltet. Der Weg zur alternativen letzten Ruhe
führt über die Niederlande. Die Angehörigen beantragen beim deutschen Krematorium, die Urne für eine angebliche Auslandsbe- stattung in ein niederländisches Krematorium zu schicken. Dort holt sie Bernd Bruns - ausgestat- tet mit einer Vollmacht der Fami- lie - wieder ab. Das ist ganz legal - in den Niederlanden ist die Übergabe der Asche an Fami- lienangehörige üblich. Manche der ca. 60 deutschen Familien, die der Krematoriumsleiter im Jahr betreut, lassen sich die Asche auch in einer Zierurne aus- händigen.
Gert Brinkhorst / Krematorium Slangenburg: "Der Vorteil an die- ser Urne ist, dass die Familie die Urne mit nach Hause nehmen kann und das man, gerade für die deutschen Angehörigen, sie zu Hause hinstellen kann und nie- mand sieht, daß es eine Urne ist." Denn wenn eine deutsche Behör- de auf eine identifizierbare Urne stieße, müsste sie sie konfiszie- ren und für eine
Friedhofsbestat- tung sorgen. Um das zu vermei- den, entfernt Bernd Bruns den Namensdeckel und die Kennmar- ke der Urne. In dreißig Fällen hat er das bereits getan, unter ande- rem für Helga Degenhard. Ihr Bru- der starb Anfang September mit nur 48 Jahren. Manche Trauernde wollen die Urne im Haus haben, weil sie zu alt für den Weg zum Friedhof sind, andere, weil sie oft umziehen und deshalb ein Grab kaum besuchen
können.
| | | | | | Für Helga Degenhard waren das die Gründe: "Ich wollte eigentlich einfach meinen Bruder bei mir haben, weil er vorher in seinem Leben kein leichtes Leben hatte und immer rumgeschubst worden ist."Bernd Bruns verlangt für seine Hilfe kein Geld. Er will
demon- strieren, dass das "sittliche Ge- fühl" der Deutschen, das Haupt- argument für den Friedhofs- zwang, sich geändert hat. Des- halb hat er sich selbst angezeigt. Die Reaktion der Staatsanwalt- schaft Düsseldorf:
| | | | | | Johannes Mocken: "Diese Rück- überführung der Urnen verstößt zwar gegen das Feuerbestat- tungsgesetz, ist deswegen ei- gentlich nicht korrekt. Nur weder im Feuerbestattungsgesetz noch in sonstigen gesetzlichen Vor- schriften ist diese Aktion mit Strafe
bedroht." Doch Straffreiheit allein reicht Bernd Bruns nicht. Er ist über- |
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| | | Gert Brinkhorst, Evelyn Filipp, EB-Kamerateam, Gelände des Krematoriums “Slangenburg” | |
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Gert Brinkhorst, Leiter des CVN-Krematoriums Slangenburg im niederländischen Doetinchem im Gespräch mit der Journalistin Evelyn Filipp | | | | | | | Interview vor einem Kolumbarium in Slangen- burg | | | | | | |
Gert Brinkhorst: “Wir haben Zierurnen, die man in deutschen Wohnungen gar nicht als Urnen erkennen kann...” Fotos (4) postmortal.de, Bernd Bruns | | | | postmortal.de-Kommentar zur Sendung: Der fundierteste Beitrag aller uns bisher bekannten TV-Berichte zum Thema. Der hektische und lange Drehtag an verschiedenen Orten hat sich gelohnt. Und die Site von postmortal.de erhielt nach der
Sendung sogar Besuch von Surfern aus Kanada, der Czech Republic, Dänemark, Japan, Polen, Peru, Schweden und anderen Ländern. | | | |
| | | | zeugt, dass es Trauernden hilft, wenn man individuel- lere Bestattungsformen
wie auf diesem niederländi- schen Urnenfriedhof für Kinder zulässt - oder wenn man die Urne im Haus erlaubt. Den Urnen-Reimport sieht er als Beitrag zu einem humaneren Bestattungs- recht.Bernd Bruns: "Ich praktiziere einen Weg. Und wenn erst Zehntausende von Urnen unter deutschen Dächern stehen, dann habe ich die normative Kraft des Faktischen gestärkt. Und dann wird es
schwierig sein, daran vorbeizukommen." Insbesondere, da das freie Ausstreuen von Asche wie hier in den Niederlanden in den meisten euro- päischen Ländern üblich ist. Doch bis die euro- päische Rechtsangleichung kommt, werden Deutsche weiter illegale Pfade gehen, wenn sie einen letzten Willen auf ein Grab im Wald erfüllen wollen. |
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