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Düsseldorf (NRZ). Bernd Bruns ist ganz gesund, mit 52 Jahren noch im besten Alter - und denkt intensiv über seine Beerdigung nach. In die Erde will er auf keinen Fall. Bruns hat seine Asche an Ehefrau Annette (47) vererbt: “Die Urne soll dann auf dem Wohnzimmerschrank stehen. ” Doch das verbietet das deutsche Feuerbestattungsgesetz von
1934.
Bruns hat dagegen vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht geklagt. Annette Bruns hat sich der Klage angeschlossen. Sie wollen das Land NRW per Urteil verpflichten, die Asche des zuerst Verstorbenen an den Hinterbliebenen oder an die gemeinsame Tochter auszuhändigen. Bisher geht das nicht. Seit 1934 sind deutsche Krematorien dazu verpflichtet, für die Beisetzung der Urnen auf einem Friedhof zu sorgen.
Auf die Idee ist Bernd Bruns gekommen, als er in der Zeitung über einen Streit zwischen Friedhofs- verwaltung und
einer Witwe gelesen hatte. Es ging um überhöhte Beisetzungskosten, und eine strenge Satzung, die das Aufstellen eines polierten Grabsteins verbot. Bruns, der schon zu Lebzeiten allergisch auf alle Zwänge reagiert, die er nicht nachvollziehen kann, fürchtet um seinen Seelenfrieden. “Die Zwangsbei- setzung |  | | Vor dem “Urnen-Gang” ist ein Papierkrieg mit den Behörden angesagt, doch Bernd Bruns ist optimistisch. |
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| an einem unerwünschten Ort könnte einen ewig andauernden Leidensdruck auf meine Seele im
Jenseits verursachen”, schrieb er an das Gericht.
Der selbstständige Techniker, Betreiber einer Handwerker-Notrufzentrale in Düsseldorf, wandte sich an den Bundesverband des Bestattungs- wesens, besorgte sich Fachliteratur und studierte die Gesetze auf der Suche nach einem Schlupfloch, das die Aufbewahrung der Asche im Heim oder die Beisetzung im eigenen Garten gestattet. Seine Idee: “Wenn ich eine Leiche in Venlo verbrenne,
bekomme ich die Asche persönlich ausgehändigt und kann damit machen, was ich will.” Jürgen Bethke, Bundesgeschäftsführer von 3000 organisierten Bestattern, bestätigt, daß die deutsche Friedhofspflicht in Europa eher die Ausnahme ist: “Den Zwang der Beisetzung der Urne auf einem Friedhof gibt es sonst nur in Österreich, Spanien und Italien. ” In allen anderen Ländern
können die Hinterbliebenen selbst entscheiden, was mit der Asche passiert. Sie können sie ausstreuen, im Garten vergraben oder die Urne ins Bücherregal stellen. “Aber die meisten bringen sie doch zum Friedhof”, weiß Bethke. Der Weg durch die gerichtlichen Instanzen kann Jahre dauern, weiß Bruns. Darum hat er sich noch etwas anderes ausgedacht um das Bestattungsgesetz zu kippen. Im Düsseldorfer Rathaus stellte er einen
“Antrag auf Genehmigung einer gewerblichen Tätigkeit im Dienstleistungsbereich für Angehörige Verstorbener” und er nannte ausdrücklich als Unternehmenszweck: “Um das in NRW geltende Feuerbestattungsgesetz legal zu unterlaufen.”
Mit seinem Unternehmen wolle er die Toten ins Ausland bringen, sie dort verbrennen lassen und die Asche dann den Angehörigen aushändigen. Die unterliege dann, so argumentiert Bruns, nicht dem deutschen Friedhofszwan
 | | |  | | | Warum, so fragt sich der
Düsseldorfer Bernd Bruns, sollen die Menschen die Asche ihrer Lieben nicht im eigenen Garten verwahren können? Und er suchte nach einer Gesetzeslücke. |
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| g. In der Düsseldorfer Stadtverwaltung sieht man das offensichtlich genauso. Die Gewerbeanmeldung wurde per Stempel besiegelt.
Auch für den Fall, daß die Richter entscheiden, daß auch im Ausland verbrannte Tote
nach dem Rücktransport unter den deutschen Friedhofszwang fallen, hat Bruns vorgesorgt. Sein genehmigtes Gewerbe umfaßt auch die Herstellung von Reliquien. Auf Wunsch der Hinterbliebenen würde er dann Totenmasken herstellen: aus der Asche, gemischt mit Gips oder Kunstharz. Bruns: “Solche Totenmasken können auch bei strengster Auslegung deutscher Gesetze nicht mehr als Totenasche angesehen werden”, ist der 52jährige überzeugt.
Vorsorglich hat Bernd Bruns an das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales geschrieben und mitgeteilt, daß er am 1. Juli sein genehmigtes Gewerbe aufnehmen werde. Die Behörde teilte ihm jetzt mit, daß sie sehr wohl Bedenken gegen die geplante Praxis habe. Der Minister will die Stadtverwaltung auffordern, die Gewerbegenehmi- gung zurückzuziehen. Bruns gibt dennoch nicht auf. Schließlich geht es ja, wie er beteuert, um den ewigen
Seelenfrieden. Und Friedhofsgebühren spart es auch. |