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| | | | Am 15.November 1999 erschien FOCUS Nr. 46/99 mit einem Bericht über
die restriktiven Bestattungs- regeln in Deutschland. Seite 78: |
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| | einen himmlischen Frieden fand Malcolm Eccles im heimischen Küchenregal. Be- vor der Brite an
Krebs starb, hatte er verfügt, seine Asche einer nützlichen Tätigkeit |
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| zuzuführen. Weil er um die Unfähigkeit seiner besseren Hälfte wusste, ein weichge- kochtes Ei auf den
Frühstückstisch zu bringen, rieselt seine Asche nun im Drei-Minuten- Takt durch Brenda Eccles´ Eieruhr. Vom frommen Wunsch “Frieden seiner Asche” hält auch der Düsseldorfer Bernd Bruns wenig. Seine zu erwartenden Überreste beschäftigen die Gerichte. Der 53-Jährige und seine Frau erklärten sich gegenseitig zu Erben ihrer Asche und
verklagten das Land Nordrhein-Westfalen auf die posthume Herausgabe der Urne an den hinterbliebenen Ehepartner oder ihre Tochter. Bruns` Bitte für die Ewigkeit: Ihre Asche soll “möglichst nah am aktiven Leben” des hinterbliebenen Partners aufbewahrt werden. Die Urne im Buchformat steht schon jetzt im Wohnzimmerschrank. |
| | | LETZTE RUHE in Bewegung: Brenda Eccles füllte die Asche ihres Mannes auf dessen Wunsch in eine Eieruhr |
| | | Um die Klage zu beschleunigen, mit der er das in
Nordrhein- Westfalen geltende, 1934 erlas- sene Feuerbestattungsgesetz kippen will, erstattete der Elek- trotechniker Anfang dieses Jahres Selbstanzeige und bezichtigte sich, die Aufbewahrung oder Bestattung von Toten- asche im Privatbereich zu planen. Die
Staatsanwaltschaft Düsseldorf reagierte promt und |
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| nannte Bruns`Vorhaben “verbotswidrig, jedoch nicht strafbar” und stellte das Verfahren ein. Den Sinn des Gesetzes bezweifelt auch Jürgen Bethke, Generalsekretär des Bun- desverbandes des
Deutschen Bestattungsgewerbes. Er sieht “keine sachlichen Argu- mente, die den Friedhofszwang für Urnen rechtfertigen”. In vielen Ländern Europas, wie in Holland, der Schweiz und England, pflegt man einen lässigeren Umgang mit den pulverisierten Toten: Dort werden die Urnen auf Wunsch den Hinterbliebenen ausge- händigt. Auch in Deutschland wünschen sich viele zukünftige Verstorbene dieses Privileg. Bei der Umfrage des Instituts für Demoskopie
in Allensbach im Auftrag des Forums Grab- kultur äußerten 21 Prozent der Befragten den Wunsch, “die Asche auf dem eigenen Grundstück oder in freier Natur verstreuen” lassen zu dürfen. Diesen Platz als Endsta- tion des Lebens können Deutsche aber bisher nur über Umwege erreichen. Ein Griff in die Trickkiste offenbart auch Bernd Bruns die Möglichkeit, seine Asche |
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| | | GEPFLEGTE LANGEWEILE Strenge Vorschriften lassen auf Friedhöfen wenig Platz für eigene Ideen | |
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| | tatsächlich im Bücherregal zu deponieren oder unterm Lieblingsbaum im Garten zu begraben. Sein Weg zur selbst bestimmten letzten Ruhestätte führt über das Ausland - genauer gesagt über das Krematorium Slangenburg in den Niederlanden. Wenn dort vom Leben ein Häufchen Asche übrig bleibt, könnte man sich, erklärt Bruns (auch im Internet: http://www.postmortal.de), die Urne
aushändigen lassen. “Dann muß man den Deckel und die Ofenmarke entfernen. Am besten füllt man die Asche gleich in eine dekorative Urne um.” Durch diesen, wie es ihm die Staatsanwaltschaft schriftlich
gab, “verbotswidrigen, jedoch nicht strafbaren” Akt, sei der Inhalt nicht mehr als Totenasche zu identifizieren. Um seinen Wunsch zu legalisieren, will der Verfechter für die Freiheit im Tode seine Klage
bis zum Verfassungsgericht durchziehen. Bis dahin heißt sein Motto: “Der Regelverstoß ist ein bewährtes Stilmittel, um politische Veränderungen zu erzielen.”
Claudia Muschiol |
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| Viele Hinterbliebenen wünschen sich mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die Gräber. |
| | | | | | | | | | | | | | “Gepflegte Langeweile”, ausgelöst durch Reglementierungswut, attestiert der Hamburger Kulturhistoriker Norbert Fischer
Deutschlands Friedhöfen. Stren- ge Richtlinien in den Friedhofssatzungen erregen auch den Unmut der Lebenden. In einer Studie des Allensbacher Instituts für das Forum Grabkultur wünschen sich 25 Prozent der Befragten, dass man | | | | | |
| die Grabstelle nach eigenem Ge- schmack gestalten kann. Ein Wunsch, der bisher, so bestätigt Fischer, durch “skandalös strenge” Gestaltungsricht- linien behindert wird. Eine fragwürdige Regelung kam in München unlängst in die Schlagzeilen. Die Friedhofsverwaltung
untersagt den Trauernden in der Weltstadt mit Herz, | | | | | | | ein Foto des Verstorbenen an den Grabsteinen anzu- bringen. Ein Verbot, gegen das der Verein “Verwaiste Eltern” mit Unterstützung der Münchener CSU kämpfen will. Schon beschreiten wüten- de Angehörige den Ge- richtsweg. Daniel Bräg vom Forum Grabkultur, das sich für mehr gestalterische Frei- heit auf den Gottesäckern einsetzt, hat
festgestellt: “Viele Regelungen sind rechtlich nicht haltbar.” Vor zwei Jahren erst hob der Verwaltungsgerichtshof Ba- den-Württemberg das Verbot von polierten Grab- steinen aus “ästhetischen Gründen” auf. | | | | | | | | | | | | | | FOTOS auf Grab- steinen: Was vieler- orts zur Geschichte gehört, ist in
München verboten | | | | | | | | KUNST AM GRAB Das Museum für Sepulkralkultur zeigt Alternativen zum her- kömmlichen Grabstein | | | | | | | | | |
FOCUS 46/1999 | | | |
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Beteiligen Sie sich bitte auch an der postmortal Umfrage zum Friedhofszwang für Totenaschen in Deutschland
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